Über die Veranstaltung
Beginn
18:30 Uhr
Ende
20:00 Uhr
Wie würde es klingen, wenn sich die Darbietung traditioneller jüdischer Lieder von Gospelmusik inspirieren ließe? Was wäre, wenn die ausladende Innerlichkeit des sephardischen Gesangs mit dem Drive und Pop-Appeal des afroamerikanischen Gospels in Beziehung träte? – Gesagt, getan. Das Lausitz Festival präsentiert in der Görlitzer Synagoge ein aufregendes Crossover: Die EuropaChorAkademie singt sephardische Lieder, die von Haggai Cohen-Milo und James Shipp mit dem Spirit nordamerikanischer schwarzer Kirchenmusik angesteckt werden.
Was haben sephardische Musik, also die traditionelle Musik der vorwiegend in Nordafrika lebenden Juden, und Gospelmusik, die religiöse Musik der Afroamerikaner, miteinander zu tun? Es sind Musiken der Diaspora. Es sind Musiken von Menschen, die gewaltsam aus ihren angestammten Heimaten vertrieben wurden und sich irgendwo anders auf der Welt, als Fremde in der Fremde, niederlassen mussten: Hier die jüdische Bevölkerung der iberischen Halbinsel, die in Folge der christlichen Rückeroberung Spaniens und Portugals um 1500 herum unterdrückt, verfolgt und von da vertrieben wurde; dort die afrikanischen Menschen, die etwa ab der selben Zeit ungefähr dreihundert Jahre lang zu Millionen versklavt, als Ware nach Amerika verhandelt und dort auf unmenschliche Weise ausgebeutet wurden und bis heute diskriminiert und ausgeschlossen sind. Sephardischer Gospel wäre also der Zusammenklang der Musiken zweier Bevölkerungen, die das Schicksal an ihnen verübter Menschheitsverbrechen teilen.
Stilistisch, geografisch und historisch liegen sephardische Musik und Gospelmusik denkbar weit auseinander. Sie im Rahmen des Konzertes nun in einen Dialog zu bringen, sie ineinander zu verweben und sie einander wechselseitig beleuchten zu lassen, hat noch einen viel einfacheren und erfreulicheren Grund: Der israelische Komponist und Musiker Haggai Cohen-Milo, der lange in den USA studierte und lebte und nun in Berlin beheimatet ist, stellte in New York begeistert fest, dass all die Sänger:innen und Musiker:innen, mit denen er arbeitete und die er hier so bewunderte, einen musikalischen Hintergrund in der afroamerikanischen Kirchenmusik, also der Gospelmusik hatten. Ihn faszinierte, dass Gospelmusik, wenngleich sie traditionelle religiöse Musik ist, zugleich so populär war und noch dazu derart avantgardistisch, dass sie ganz selbstverständlich musikalische Stile wie Soul, Funk, Hip Hop und R&B inspirierte und dabei musikalische Grenzen verschob. Ihn faszinierte das, weil die traditionelle jüdische Musik, die er kannte und mit der er aufgewachsen war, sich eher konservativ und abgrenzend verhielt.
Aus dem spielerischen Wunsch heraus, sich selbst eine musikalische Identität zu verpassen, die ähnlich ansprechend und populär sein könnte, wie die seiner zahlreichen Kolleg:innen, verfiel Haggai Cohen-Milo auf die Idee, sephardische Melodien und Lieder zusammen mit seinem langjährigen Partner James Shipp inspiriert von Gospelmusik zu arrangieren. Das Lausitz Festival lässt diesen Traum nun wahr werden: Das mitreißende Crossover wird von der in Görlitz ansässigen EuropaChorAkademie, die selbst verschiedene Stimmen und Musiken Europas vereinigt, und begleitet von einer Band, erstmals zu Gehör gebracht.
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Haggai Cohen-Milo
Der Jazz-Kontrabassist, Komponist und Performancekünstler Haggai Cohen-Milo wurde in Israel geboren, studierte am New England Conservatory of Music in Boston und lebt heute in Berlin. Der Kontrabassvirtuose ist ein Pionier der interdisziplinären Improvisation und Performance. Dafür entwickelte Cohen-Milo in Zusammenarbeit mit Tänzer:innen und Choreograph:innen seine eigene sogenannte »Makespeak«Methode, die Klang, Bewegung und Bildende Kunst miteinander verbindet.
Sie kam bereits in vielen Produktionen Cohen-Milos erfolgreich zur Anwendung. Cohen-Milo schrieb Werke für Film, Theater und Tanz, darunter »Jephta’s Daughter« für die Bayerische Staatsoper in München, »Savage« für die Brooklyner Kunstorganisation Triskelion Arts und »Rubber Day« für das kalifornische Ballet San Jose. Cohen- Milo wurde 2006 als Solist mit dem großen Preis des Fish-Middleton Jazz Competition in Washington ausgezeichnet. Er hat als Leader, Sideman und Co-Leader mehr als zwanzig Alben aufgenommen.
James Shipp
Der US-amerikanische Jazzmusiker James Shipp studierte am Purchase College der State University of New York. Dank seiner Vielseitigkeit ist er heute sowohl als Perkussionist und Multi-Instrumentalist in Bands als auch als Komponist für experimentelle Theaterproduktionen und als Musikproduzent gefragt.
Als Schlagzeuger, Marimba- und Vibraphonvirtuose arbeitet er regelmäßig mit vielen wichtigen Jazzmusiker:innen zusammen. Mit seinen eigenen, meist satirischen Songs tritt er sowohl solistisch als auch mit seiner Band auf. Shipp engagiert sich zudem im »Social Impact«-Programm der Carnegie Hall, bei dem er Workshops in Gefängnissen, Krankenhäusern und Schulen gibt.
Justin Stanton
Als Trompeter, Keyboarder, Komponist und Produzent hat sich Justin Stanton den Ruf eines vielseitigen Musikers erarbeitet, der als Begleiter sowohl auf der Bühne als auch im Studio ein wesentlicher Partner für jeden Künstler ist.
Als Trompeter, Keyboarder, Komponist und Produzent hat sich Justin Stanton den Ruf eines vielseitigen Musikers erarbeitet, der als Begleiter sowohl auf der Bühne als auch im Studio ein wesentlicher Partner für jeden Künstler ist. Stanton besuchte die renommierte University of North Texas, wo er zwei Jahre lang in der »One O'Clock Lab Band« spielte, drei Alben aufnahm und auf großen Festivals in ganz Europa auftrat. Während seiner Zeit in Nordtexas schloss er sich der Gruppe Snarky Puppy an, die seit ihren bescheidenen Anfängen inzwischen fünf GRAMMY Awards gewonnen hat. Stanton ist seit 2006 mit der Gruppe verbunden und hat Aufnahmen gemacht, wobei er auf den meisten ihrer zahlreichen Studio- und Liveaufnahmen mitwirkte. Zusätzlich zu Snarky Puppy investiert sich Stanton für Auftritte, Aufnahmen und Texte mit verschiedenen Originalkünstlern und Gruppen, darunter für sein neuestes Projekt mit Becca Stevens, Gisela João, Louis Cato und Michael League mit dem Titel Mirrors. Stanton erscheint auf Aufnahmen mit so unterschiedlichen Künstlern wie David Crosby, Donald Fagen, Harry Shearer/Derek Smalls, Larry Carlton, Randy Brecker, Robert Glasper, Trombone Shorty, Kirk Franklin, Laura Mvula und Salif Keita. Er teilte die Bühne auch mit Joe Walsh, Michael McDonald, Toto, Derek Trucks, Terence Blanchard, Chris Potter, Eric Harland und Fatoumata Diawara, um nur einige zu nennen. Stanton lebt in Lissabon, Portugal. Zu seinen weiteren Soloveröffentlichungen gehören »Secret Place«, sein genreübergreifendes Debütalbum mit ausschließlich Originalmaterial, und seine Erkundung von Flor Peeters‘ 35 Miniaturen für Orgel auf einer Vielzahl klassischer Synthesizer.
Yair Zabar Tzabari
Sänger, Perkussionist, Oud-Spieler und Bandmitglied der Voices of Yemen. Das Ensemble schafft es, eine uralte Kunstform zu einem tiefen Trance-induzierenden Abenteuer von freudiger Musik und Performance zu verwandeln. Voices of Yemen wurde 2021 von Ravid Kahalani (Yemen Blues) in Partnerschaft mit der Association of Culture unter der Leitung von Dr. Yigal Ben Shalom gegründet, mit dem Hauptanliegen, die mystischen Lieder der jüdischen Stämme des Jemen zu bewahren.
EuropaChorAkademie
Die EuropaChorAkademie gGmbH wurde im Jahr 2017 in der Europastadt Görlitz/Zgorzelec gegründet. Mit Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaates Sachsen wurde ein neues, international ausgerichtetes Chorzentrum geschaffen, welches Konzertpraxis und deren wissenschaftliche Begleitung auf Exzellenz-Niveau vereint.
Junge Dirigierende, Sängerinnen und Sänger aus ganz Europa werden hier gemeinsam mit namhaften Dozenten aus verschiedensten europäischen Musikhochschulen künstlerisch und musikwissenschaftlich weitergebildet. Die Bandbreite reicht dabei von chorsinfonischen Werken über Chor-Orchester-Akademien bis hin zu Jazzkonzerten mit Kinderchören.
Mitwirkende
Idee, Arrangements, Musikalische Leitung, Bass Haggai Cohen-Milo
Arrangements, Percussion, Keys James Shipp
Keys Justin Stanton
Gesang Yair Tzabari
Chor EuropaChorAkadmie
Chorleitung Jan Hoffmann
Veranstaltungsort
Veranstaltungsort Kulturforum Görlitzer Synagoge
Adresse Otto-Müller-Straße 3, 02826 Görlitz