WORTALL oder Die Farben der Mandelkrähe / WORTALL abo kontinent nadźija
Szenische Lesung in sorbischer und deutscher Sprache / Sceniske čitanje w serbskej a němskej rěči
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Beginn
19:30 Uhr
Ende
21:00 Uhr
… Die im Fehrower Spreetal angesiedelte und stetig kleiner werdende Population der Blauracke, Coracias garrulus, wird sie Bestand haben? Der buntgefiederte Vogel findet nicht mehr, was er für die Erhaltung seiner Art braucht, in Garben gebundenes und zu Mandeln aufgestelltes Getreide, Nisthöhlen an Fließgewässern in Weiden, geschlossene Wälder …
»Was bedeutet das Aussterben einer Art«– fragte der sorbische Dichter Jurij Koch in seinen Betrachtungen »Jubel und Schmerz der Mandelkrähe« im Jahr 1992. Ob es ein Verlust wäre? Ja, wäre es. Aber: Sie ist da. Noch. Wieder. Die Jungen haben sie gesehen …
Mit der Überlebensfrage des bunten Vogels zielt Koch gleichnishaft auf die Zukunft der Sorben, denen die Lebensgrundlagen durch die raumgreifende Devastierung ihres angestammten Kulturraumes massiv beschränkt wurden. Aber auch das sorbische Volk behauptet sich – in seiner Sprache, mit seiner Kunst. Die sorbische Literatur, die neue ebenso wie die alte, ist so reich und vielfältig wie das Farbenspiel im Gefieder der Mandelkrähe. In der Lyrik der oft zweisprachig denkenden, fühlenden und dichtenden Autor:innen sorbischer Herkunft offenbart sich ein Kosmos, oder ein »Wortall«, um mit Róža Domašcyna zu sprechen. Dass dieses nicht allein Verlusterfahrung und Schmerz umfasst angesichts der epochalen Veränderungen, sondern Lust auf Zukunft macht, beweisen die Texte von Kito Lorenc, Lenka, Mĕrana Cušcyna, Benno Budar, Jill-Francis Ketlicojc, Benedikt Dyrlich, Mina Witkojc und Yana Arlt – um nur einige zu nennen. Es geht um Identität innerhalb des europäischen Sprachraumes. Und um Daseinsbejahung.
Drei sorbische Schauspielerinnen, unter ihnen die prominente Theater- und Filmschauspielerin Gabriela Maria Schmeide, erkunden spielerisch Texte, und beleuchten den äußeren und inneren Erfahrungshorizont verschiedener Angehöriger des kleinsten slawischen Volkes zwischen Spreewald und Lausitzer Bergland.
»Die Schmerzen der endenden Art« – Auszug aus Juris Kochs Text »Jubel und Schmerz der Mandelkrähe« aus dem Jahr 1992:
»WORTALL abo kontinent nadźija«: Sceniske čitanje w serbskej a němskej rěči
… W tak mjenowanej “Prjawozkej sprjewinej dolinje” wona sydli a jeje populacija je dźeń a mjeńša. Ptačk mjenuje so rakajca abo módra kawka abo tež módra wróna, Coracias garrulus, hač drje přežiwi? Pisany ptak njenamaka hižo to, štož za zdźerženje swojeje družiny trjeba, do snopow wjazane a do popow nastajene žito, hnězdo w štomowych prózdnjeńcach wjerbow podłu rěčnišćow abo druhdźe w hustych lěsach …
»Što woznamjenja wotemrěće družiny« – praša so serbski spisowaćel Jurij Koch w swojich zhladowanjach »Ha lećała je módra wróna«, serbsce z lěta 1991 a němsce lěto pozdźišo. Hač drje by to škoda było? Haj, so wě. Ale: wona je tu. Hišće. Znowa. Su ju widźeli …
Z prašenjom za přežiwjenjom pisaneho ptačka přirunuje Koch dóńt a přichod serbskeho naroda, kotrehož zakłady žiwjenja, kaž jeho starodawny kulturny rum, buchu přez rozwólne zničenje, wotbagrowanje masiwnje wobmjezowane. Ale tež Serbja su njepowalni - w swojej rěči, ze swojim wuměłstwom. Serbska literatura, nowa runje tak kaž stara, je tak bohata, mnohostronska a barbojta kaž pjerja módreje wróny. W lyrice husto hdy dwurěčnje myslacych, začuwacych a basnjacych awtorow a awtorkow serbskeho pochada jewi so swojorazny kosmos abo »Wortall, kaž jón Róža Domašcyna w jednej ze swojich dwurěčnych basnjow mjenuje. Zo tole jeničce pozhubjenje a bolosć njewoznamjenja, hladajo na epochalne změny, ale tež wo čiłosći a přichodźe swědči, dopokazuja teksty Kita Lorenca, Lenki, Mĕrany Cušcyneje, Bena Budarja, Jill-Francis Ketlicojc, Benedikta Dyrlicha, Miny Witkojc, Yany Arlt a druhich. Dźe wo jónkrótnu identitu wosrjedź europskeho rěčneho ruma. A wo swojowólnu přežiwjensku wolu.
Serbskej dźiwadźelnicy a dźiwadźelnik, mjez nimi prominentna dźiwadłowa a filmowa hrajerka Gabriela Marija Šmajdźina, wuslědźa čućiwje teksty a wobswětluja wonkowny a nutřkowny horicont nazhonjenjow wšelakich přisłušnikow najmjeńšeho słowjanskeho naroda, bydlaceho mjez Błótami a Łužiskimi horami.
»Bolosće mrějaceje družiny« – Tekstowy wujimk z Jurisa Kocha »Ha lećała je módra wróna«, 1991:
Sobuskutkowacy:
Gabriela Marija Šmajdźina, Julia Klingnerec, Marian Bulank (dźiwadźelenje),
Tomas Kreibich-Nawka (hudźba),
Madleńka Šołćic (wuměłski nawod, tekstowa wersija),
Heike Merten-Hommel (koncept, tekstowa wersija a dramaturgija)
Hinweis – Wegen Altstadtfest in Bautzen:
Der Platz auf der Ortenburg ist bis Sonntag (01.09.) in Nutzung des Alstadtfests. Der Zugang zum Burgtheater ist frei, aber keine Parkmöglichkeiten auf der Ortenburg möglich.
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Gabriela Maria Schmeide
Gabriela Maria Schmeide (Gabriela Marija Šmajdźina) wuchs zweisprachig als Tochter sorbischer Eltern in Bautzen auf. Nach der Schulzeit arbeitete sie als Souffleurin am Theater Bautzen. Nach einer Gesangs- und Violinausbildung studierte sie an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« in Berlin. Ein Erstengagement bekam sie am Berliner Ensemble und wurde 1992 von der Zeitschrift »Theater heute« zur Nachwuchsschauspielerin des Jahres gewählt und 1994 mit dem Förderpreis der Akademie der Künste ausgezeichnet.
Von 1994 bis 2009 arbeitete sie zuerst als festes Ensemblemitglied am Theater Bremen, später als Gast. 2009 wechselte Gabriela Maria Schmeide ans Thalia Theater Hamburg. Überregional ist die bedeutende Filmschauspielerin dem Kino- und Fernsehpublikum im deutschsprachigen Raum bekannt. Unvergessen ihre »Polizistin« in Andreas Dresens gleichnamigem Kinofilm. Sie erhielt dafür den Adolf-Grimme-Preis in Gold. Berührend ihre Rolle in »Halbe Treppe", wieder in Regie von Andreas Dresen und geehrt mit dem »Silbernen Bären« auf der Berlinale 2002. Die Filmkomödie von Doris Dörrie »Die Friseuse« aus dem Jahr 2010 lebt von ihr als Titelheldin. Für ihre einprägende Rolle in »Systemsprenger«, in der Regie von Nora Fingscheidt, wurde Gabriela Maria Schmeide 2020 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Eindrücklich und facettenreich war ihre Darstellung der Tina in der gleichnamigen ARD-Serie „Tina«.
Julia Klingner
Julia Klingner begann ihre Ausbildung als Elevin am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen. Während ihres Schauspielstudiums am »Europäischen TheaterInstitut e.V. - ETI Schauspielschule Berlin« gastierte sie oft in der Spreestadt. Ob in Marieluise Fleißers »Fegefeuer in Ingolstadt«, Wolfgang Herrndorfs »Tschick«, »Zhubjene a namakan« von Rike Reiniger, »Wopušćeny dom« von Carla Niewöhner oder in dem Kultstück »Sonnenallee« nach dem gleichnamigen Film – Julia Klingner stellte ihr schauspielerisches und musikalisches Können zahlreiche Male unter Beweis. Seit der Spielzeit 2020/2021 ist sie Teil des Schauspielensembles am Theater Bautzen. Seither ist sie in großen und kleineren Rollen in deutscher und sorbischer Sprache auf der Bühne zu sehen, so unter anderem als Helena in Shakespeares »Ein Sommernachtstraum« und in der zweisprachigen Inszenierung von Esther Undisz nach Motiven von Jurij Koch »Schierzens Hanka«.
Marian Bulang
Marian Bulang, 1975 in Bautzen geboren, kam 1994 als Eleve ins neu gegründete Sorbische Schauspielstudio des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters Bautzen. 1995 bestand er die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. Während seines Schauspielstudiums war er von 1997 bis1999 Mitglied des »Studio Dresden« am Staatsschauspiel Dresden. Bereits im Frühjahr 1999 übernahm er als Gast die Rolle des Edgar Wibeau in Ulrich Plenzdorfs »Die neuen Leiden des jungen W.« am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen. Von 1999 bis 2004 war er Mitglied des Bautzener Schauspielensembles. Nach vier Jahren freiberuflichen Spiels ist er seit der Spielzeit 2008/2009 wieder fest am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen engagiert. Dort verkörperte er viele unverwechselbare Rollen. Derzeit ist er unter anderem in dem Solostück »Der Reichsbürger« von Annalena und Konstantin Küspert und als Dr. Thomas Stockmann in Henrik Ibsens »Ein Volksfeind« zu erleben.
Madleńka Šołćic / Madlenka Scholze
Madleńka Šołćic / Madlenka Scholze wuchs in Cunnewitz bei Kamenz zweisprachig auf und lebt heute in Bautzen. Sie studierte in Leipzig Sorabistik und Journalistik und später Dramaturgie an der Hochschule für Musik und Theater »Felix-Mendelssohn-Bartholdy«, ebenfalls in Leipzig. Im Jahre 2003 erhielt sie ihren Abschluss als Diplomdramaturgin. Ihre Karriere beim Sorbischen Rundfunk begann 1999, mit der Gründung der sorbischen Jugendsendung »Radio Satkula«, an der sie als Moderatorin mitwirkte. Später arbeitete sie als Moderatorin und Redakteurin des Serbski rozhłós (MDR Sorbischer Rundfunk) und war gleichzeitig Autorin und Regisseurin mehrerer Radiohörspiele.
Außerdem arbeitete sie sowohl für die obersorbische Fernsehsendung »Wuhladko« als auch als Autorin und Regisseurin des sorbischen Kindergrußes »Dobre ranje«. Madlenka Scholze war ab 2008 als freie Dramaturgin tätig; 2010 ging sie ins Festengagement ans Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen, wo sie seit 2011 die Stellvertreterin des Intendanten für sorbisches Theater ist.
Mitwirkende
Schauspiel Gabriela Maria Schmeide
Schauspiel Julia Klingner
Schauspiel Marian Bulang
Musik Tomas Kreibich-Nawka
Künstlerische Leitung, Textfassung Madleńka Šołćic
Dramaturgie, Konzept, Textfassung Heike Merten-Hommel
Veranstaltungsort
Veranstaltungsort Burgtheater Bautzen / Dźiwadło na hrodźe Budyšin
Adresse Ortenburg 1, 02625 Bautzen / Budyšin