Über die Veranstaltung
Beginn
14:00 Uhr
Ende
17:30 Uhr
Das Lausitz Festival gibt mit tiefem Bedauern bekannt, dass der 1929 in Köln geborene und in Leipzig aufgewachsene Klarinettist und Jazzmusiker Rolf Kühn am 18. August verstorben ist.
Wir möchten unserer Trauer Ausdruck verleihen, indem wir den Nachruf des mit ihm eng befreundeten Jazzjournalisten Bert Noglik veröffentlichen und zugleich der Ehefrau des Verstorbenen, Melanie Kühn, und dem Bruder Joachim Kühn sowie allen Angehörigen unser Beileid aussprechen.
In memoriam Rolf Kühn (1929 – 2022)
Rolf Kühns jahrzehntelange Präsenz auf der Jazzszene glich einem Glücksfall und einem Geschenk. Rolf Kühn war ein Ausnahmekünstler, ein deutscher Jazzmusiker der Königklasse, einer der ganz wenigen von Weltformat. Und er war ein wunderbarer Mensch, voller Weisheit und Zugewandtheit, bescheiden und sanft, aber auch entschlossen, wenn es um Haltung und um ästhetische Maßstäbe ging. In Fragen der Qualität gab es für ihn keine Kompromisse. Um den eigenen höchsten Ansprüchen zu genügen, hat er bis ins hohe Alter konsequent geübt, sich in jeder Hinsicht in bester Form gehalten. Wesentlich für die Strahlkraft seiner Musik war seine Liebe zu den Menschen, seine künstlerische Phantasie und sein waches Interesse an dem, was um ihn herum passiert. Das führte ihn mit Musikern und Musikerinnen jüngerer Generationen zusammen, denen er generös und partnerschaftlich begegnete. Etwas ganz Besonderes war seine lebenslange Verbundenheit mit seinem Bruder Joachim – eine auf tiefer Zuneigung beruhende Kraft- und Inspirationsquelle, für beide. Wer Rolf Kühn näher kennenlernen durfte, wird in Verbindung mit ihm immer auch an Melanie denken. Im Gleichklang der Seelen ebenso wie bei der Bewältigung des Alltäglichen war sie die Perfektion an seiner Seite, mehr noch: seine Muse.
Rolf hatte die ganze Geschichte seines Instrumentes aufgesogen, sich in unterschiedlichen Richtungen des Jazz profiliert und beständig auf die Suche nach dem Neuen begeben. Selten traf der Satz, dass der Stil eines Menschen seinen Charakter darstellt, so zu wie auf ihn. Rolf hatte Stil – in allem, was er tat und wie er auftrat – in der Art sich zu geben und auch in der, anderen zu begegnen. Man kann es gut mit einem Wort beschreiben, das heute schon fast aus der Mode gekommen zu sein scheint, obwohl es nichts von seiner Bedeutung verloren hat: nobel. Rolf Kühn war gütig und nobel, zugleich up to date und relaxt. Der Stil macht den Menschen und den Musiker aus. Und im Jazz natürlich auch der Ton. Rolf Kühns Ton auf der Klarinette bleibt unerreicht – warm, rund, elegant, reif und vollendet. In diesem Ton spiegelten sich die Erfahrungen eines langen und reichen Musikerlebens. Souveränität und Meisterschaft war seinem Wesen ebenso eigen wie Wagemut und Risikofreude. Rolf Kühn wurde von einer unbändigen Neugierde vorangetrieben, die ihn die bekannten, auch die bewährten Pfade immer wieder verlassen und etwas finden ließ, mit dem er uns zu faszinieren und zu erfreuen vermochte. Er habe sein ganzes Leben in die Musik gesteckt, hat er einmal gesagt. Diese Musik wird bleiben. Rolf wird uns fehlen.
Bert Noglik
Joachim Kühn prägt als deutscher Jazzpionier seit 50 Jahren die internationale Jazzszene. Freiheitsliebend und innovativ ist der Pianist und Lebenskünstler stets auf der Suche nach neuen Bahnen in der Musik. Gemeinsam mit seinen Partnern Chris Dahlgren und Eric Schaefer beweist der Altmeister einmal mehr geistige Beweglichkeit und musikalische Sensibilität. Vorab zu erleben gibt es das Trio LDL – Leimgruber-Demierre-Lehn – mit experimenteller Improvisation und zeitgenössischem Klang.
Das Konzert ist dem kürzlich verstorbenen Bruder Joachim Kühns, Rolf Kühn, gewidmet.
Joachim Kühn Trio
Wer heute von europäischem Jazz spricht, meint immer auch Joachim Kühn. In den mehr als fünf Jahrzehnten, die er inzwischen in der Szene tätig ist, gab es wohl kaum einen Stil, bei dem Kühn nicht an entscheidender Stelle die Pianohände im Spiel gehabt hätte. Anfang der 80er Jahre entdeckte er den Bechstein Flügel für sich und widmete sich fortan ganz dem akustischen Spiel. In seiner außergewöhnlichen Soloarbeit verbindet er Elemente von deutscher Spätromantik und französischem Impressionismus mit jazzgerechter Improvisation. Dank seines unverwechselbaren Stils gehört der Tastengigant international zu den eigenständigsten und aufregendsten Grenzgängern zwischen moderner Konzertmusik und aktuellem Jazz. Joachim Kühn ist unbestritten Europas herausragendster Solopianist.
1996 erschien bei dem renommierten Label »Verve« seine neueste CD mit seinem Trio mit Daniel Humair & Jean François Jenny Clark mit dem Titel »Dreigroschenoper«, eine Aufarbeitung bekannter Kompositionen der Oper von Kurt Weill, die von der deutschen Schallplattenkritik mit dem Vierteljahrespreis ausgezeichnet wurde, sowie im Juni 1997 ein Livemitschnitt zweier Festivalauftritte in Leipzig und Verona im Duo mit der amerikanischen Jazzlegende Ornette Coleman. (CD des Jahres 1998 in Deutschland)
2011 veröffentlichte Kühn ein Duo Album mit der US-amerikanischen Saxophonlegende Archie Shep und trat mit ihm auf wichtigen europäischen Festivals auf. 2013 gestaltete Kühn mit seiner Band den Auftakt beim Jazzfest Berlin. Mit seiner Band, Saxophonlegende Pharoah Sanders und Zakir Hussein, gastierte er auch bei dem Jazzfestival in Middelheim (2016) sowie in Paris (2017).
Inzwischen beschäftigt sich Joachim Kühn auch wieder mit den Arbeiten des Komponisten J.S. Bach. Zusammen mit dem Thomanerchor Leipzig hat er vor einiger Zeit ein neues Album veröffentlicht.
Ein weiteres Interesse gilt der nordafrikanischen Musik, was auf seinen Alben bei dem Label ACT mit dem marokkanischen Multiinstrumentalisten Majiid Bekkas und dem spanischen Drummer Ramon Lopez dokumentiert wurde.
Heute hört man wieder einen anderen Joachim Kühn: Kraftvoll, klar und auf den Punkt. Immer fest verankert im Groove. Voll ungebremster Spielfreunde und mit jeder Menge Soul. Sein neues Trio
»Beauty & Truth« mit Eric Schäfer an den Drums und dem Kanadier Chris Jennings am Bass, der in Peitz vom US-amerikanischen Bassisten Robert Dahlgren ersetzt wird, beflügelt ihn hörbar: »Nach vielen Jahren kehre ich zum klassischen Pianotrio zurück. Das Trio mit Jean-François Jenny-Clark und Daniel Humair, das über 30 Jahre existierte, war das Trio meines Lebens. Diese Tiefe und Intensität war unglaublich. Mit meinem neuen Trio habe ich nun ein neues Traum-Team gefunden. Auf eine ganz neue Art ist es sehr inspirierend, mit ihnen zu spielen.«
Mitwirkende
Klavier Joachim Kühn
Kontrabass Chris Dahlgren
Schlagzeug Eric Schaefer
Vorab Trio LDL – Leimgruber-Demierre-Lehn
Saxophon Urs Leimgruber
Spinett Jacques Demierre
Synthesizer Thomas Lehn
Veranstaltungsort
Veranstaltungsort Evangelische Stadtkirche Peitz
Adresse Peitz, 03185 Peitz