Über die Veranstaltung
Beginn
19:30 Uhr
Ende
21:00 Uhr
William Shakespeares »Der Kaufmann von Venedig« sieht eigentlich über 20 Figuren und mehrere Handlungsstränge vor, doch konzentriert sich die hier gespielte Kammerfassung in der Regie von Stefan Pucher auf ein Minimum an Agierenden, deren vernichtende Auseinandersetzung Fragen provoziert nach dem Maß und dem Wert der Dinge.
Venedig ist der Markt, und dort wird nach allen Regeln der Kunst – vielmehr des Kommerzes – gehandelt. Der erfolgreiche Kaufmann und Schiffseigner Antonio, der qua Gesetz auf Zinsgeschäfte reduzierte jüdische Kaufmann Shylock und die aus Illyrien kommende unabhängige Portia sind in einen zunehmend drastischen Kampf involviert.
Die Diskussion um den ungewöhnlichen Schuldschein, der dem jüdischen Kaufmann Shylock ein Pfund Fleisch aus Antonios Körper zusichert und der – je nach Interessenlage – unterschiedlich interpretiert wird, sowie der folgende Richterspruch der als Mann verkleideten und zur Instanz erhobenen Portia kreisen mehrschichtig um die Fragen nach Möglichkeit und Unmöglichkeit der Präsenz von transzendenten Werten unter den Menschen.
In einer Nebenhandlung wird das Problem von Glauben und Glück an die Weltwirklichkeit gebunden und eindringlich auf den Punkt gebracht, als Shylocks Tochter vom Judentum zum Christentum konvertiert ist und zu hören bekommt: »Dies Christenmachen wird den Preis der Schweine steigern; wenn wir alle Schweinefleischesser werden, so ist in kurzem kein Schnittchen Speck in der Pfanne für Geld mehr zu haben.« Der Preis von Schweinespeck wird hier zum Maß der Dinge: Das Glück des Bauches will so über die Erlösung der Seele siegen und stellt damit ganze Systeme infrage – gerade an einem Ort, der von ehemaliger Ding-Produktion zur kulturellen Begegnungsstätte wird.
Im Anschluss an die Veranstaltung, gegen 21.15 Uhr gibt es die Möglichkeit im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit dem Intendanten Prof. Daniel Kühnel über die Aufführung »Der Kaufmann von Venedig« ins Gespräch zu kommen.
Unter dem folgenden Link finden sie passende Unterkünfte und Informationen zu ihrer Anreise.
Stefan Pucher
Stefan Pucher, geboren 1965 in Gießen, studierte Amerikanistik und Theaterwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Im Anschluss inszenierte er am TAT in Frankfurt, am Theater Basel und am Deutschen Schauspielhaus Hamburg. 2000–2004 war er Hausregisseur am Schauspielhaus Zürich. Seine drei dortigen Inszenierungen »Drei Schwestern« (2002), »Richard III.« (2003) und »Homo Faber« (2005) wurden zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Auch »Othello«, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg während der Intendanz von Tom Stromberg (mit dem ihn die Zusammenarbeit seit dem TAT bis heute verbindet) inszeniert, wurde 2005 zum Theatertreffen eingeladen, und Pucher wurde von den Kritikern der Zeitschrift »theater heute« zum »Regisseur des Jahres« gewählt.
2008 wurden dann »Der Sturm« (Münchner Kammerspiele), 2011 »Tod eines Handlungsreisenden« (Schauspielhaus Zürich) und 2016 »Ein Volksfeind« (Schauspielhaus Zürich) zum Theatertreffen eingeladen. Seit der Spielzeit 2006/2007 arbeitete Stefan Pucher unter anderem auch am Deutschen Theater und der Volksbühne in Berlin, am Schauspiel Frankfurt, Schauspiel Stuttgart, Schauspiel Hannover, am Thalia Theater und dem Wiener Burgtheater sowie dem Malmö Stadsteater.
Nach seiner hiesigen Inszenierung von »Caesar« im Sommer 2022 (Koproduktion mit dem Schauspielhaus Hamburg, die Aufführung ist bis heute im dortigen Repertoire zu sehen) ist »Der Kaufmann von Venedig« die zweite Arbeit von Stefan Pucher im Rahmen des Lausitz Festivals.
Samuel Weiss
Samuel Weiss, geboren 1967 in Männedorf bei Zürich, erhielt seine Schauspielausbildung am Max Reinhardt Seminar in Wien. Bereits während seines Studiums gastierte er am Burgtheater Wien und am Schauspiel Frankfurt. Nach einem Engagement am Landestheater Tübingen wechselte er 1993 zum Staatstheater Stuttgart. Hier spielte er u. a. in zahlreichen Inszenierungen von Martin Kušej, Wilfried Minks und Marc von Henning. Außerdem entstanden in dieser Zeit seine ersten eigenen Inszenierungen »Messer in Hennen« von David Harrower und die Uraufführung von Roland Schimmelpfennigs »Die arabische Nacht«.
Im Sommer 2000 spielte er bei den Salzburger Festspielen in Kušejs »Hamlet«-Inszenierung die Titelrolle. 2001 ging er ans Deutsche Schauspielhaus, wo er u. a. mit Sebastian Nübling, Ivo van Hove, Martin Kušej, Kevin Rittberger, Stephan Kimmig und Markus Heinzelmann zusammenarbeitete. Auch seine Tätigkeit als Regisseur führte er hier – wie auch an anderen Bühnen – fort. 2016 inszenierte er als Koproduktion mit der Theaterakademie »Yvonne, Prinzessin von Burgund«. Zudem ist Samuel Weiss regelmäßiger Gast in Film- und Fernsehproduktionen und ein preisgekrönter Hörspielsprecher.
Katharina Marie Schubert
Katharina Marie Schubert wuchs in Braunschweig auf und studierte von 1995 bis 1999 Schauspiel am Wiener »Max-Reinhardt-Seminar«. Es folgten Fest- und Gast-Engagements unter anderem am Burgtheater Wien, den Münchner Kammerspielen, dem Thalia Theater Hamburg, der Volksbühne und dem Deutschen Theater Berlin. Mit dem Regisseur Stefan Pucher arbeitete Katharina Marie Schubert bereits mehrere Male, außerdem mit Regisseur:innen wie Jan Bosse, Andreas Kriegenburg, Antù Romero Nunes, Sebastian Nübling, Jette Steckel, Jossi Wieler und René Pollesch. Immer wieder waren Inszenierungen mit ihr beim Berliner Theatertreffen eingeladen.
Neben dem Theater spielt Katharina Marie Schubert regelmäßig in großen Kinofilmen (»Ein Geschenk der Götter«, »Das Lehrerzimmer«) und Fernsehproduktionen (»Tatort: Anne und der Tod«). Sie erhielt den Bayerischen Filmpreis 2014 und war als Beste Schauspielerin für den Deutschen Filmpreis 2020 nominiert. Seit einiger Zeit arbeitet Katharina Marie Schubert außerdem als Drehbuchautorin und Filmregisseurin. Für ihren Debütfilm »Das Mädchen mit den goldenen Händen« (mit Corinna Harfouch in der Hauptrolle) wurde sie mehrfach ausgezeichnet.
Lugh Amber Wittig
Lugh Amber Wittig ist Szenograph für Bühne und Film. Nach Abschluss der Fachoberschule für Gestaltung in Giesing studierte er Bühnen- und Kostümbild bei Katrin Brack an der Akademie der Bildenden Künste München. Parallel zum Studium war er Ausstattungsassistent an den Münchener Kammerspielen, während der Intendanz Mathias Lilienthals. Sowie bei Trajal Harrel für das Manchester International Festival. Lugh ist Preisträger der Bayrischen Akademie der Schönen Künste und seit 2019 freischaffend tätig. Künstlerisch arbeitet er mit Anna Bergmann, Nikolaus Habjan, Sláva Daubnerová, Werner Wölbern, und Cedric Mpaka zusammen. Es entstanden Bühnen- und Kostümbilder u.a. für die Produktion „Der Leichenverbrenner“ am Wiener Burgtheater, „l’Orfeo“ an der Semperoper Dresden und die Weltpremiere von „Robinson“ an der Staatsoper Berlin.
Christopher Uhe
Christopher Uhe ist Musiker, Komponist und Produzent. Nachdem das Debut-Album seiner Band Speed Niggs 1989 von Diedrich Diedrichsen im Magazin Spex zur Platte des Monats gekürt wurde, spielte Uhe bis Ende der 90er Jahre als Sänger, Songwriter, Gitarrist und Keyboarder in zahlreichen Post Punk-Bands und veröffentlichte etliche Platten. In den Jahren 1999 bis 2002 Performances mit der Noise-Band „Paincake“ außerhalb klassischer Musikkontexte („Cities On The Move 6“ Bangkok 1999, 7. Architekturbiennale Venedig 2000, „reich & berühmt“ Podewil 2001 u.v.a.). Seit 2004 arbeitet Christopher Uhe zunehmend als Theatermusiker; neben Arbeiten mit She She Pop und Gob Squad verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit mit Stefan Pucher, mit dem er regelmässig am Thalia Theater Hamburg, den Münchner Kammerspielen, der Volksbühne Berlin, dem Schauspielhaus Zürich und etlichen anderen Häusern gearbeitet hat.
Mitwirkende
Schauspiel Samuel Weiss und Katharina Marie Schubert
Regie und Bühne Stefan Pucher
Fassung und dramaturgische Mitarbeit Malte Ubenauf
Bühne, Kostüme, Licht Lugh Amber Wittig
Musik Christopher Uhe
Veranstaltungsort
Veranstaltungsort Lehrofen, TELUX-Gelände, Weißwasser O.L. / Běła Woda
Adresse Straße der Einheit 20, 02943 Weißwasser